27. August 2013 | Von Caroline Weimann 

Keine Löwen weit und breit

Zugegeben, meine Vorstellungen von Afrika waren doch ein bisschen anders als die Realität. Aber fangen wir vorne an:

Keine Löwen weit und breit

Das Airport-Pick-Up hat super funktioniert und spätestens hier hat man viele andere International Students kennengelernt (falls das nicht schon im Flieger oder in Doha der Fall war). Auf der linken Seite der Straße sind wir dann in kleinen Bussen nach Stellenbosch gebracht worden, wenn möglich direkt zu unserer Unterkunft. Die Anmeldung am ersten Tag hat reibungslos funktioniert und alle Academia-Bewohner haben sofort ihre Schlüssel bekommen. Academia ist ein ganz normales Studentenwohnheim mit dem kleinen Unterschied dass alles umzäunt ist und der Eingang von Securtitymännern bewacht wird. Sicher fühlt man sich also. Zwei Personen teilen sich jeweils eine Küche, 8 Personen ein riesiges Wohnzimmer und jeder hat sein eigenes Bad. Es ist zwar alles ein bisschen spartanisch eingerichtet, meckern kann man aber auf keinen Fall.

Neben Academia gibt es noch mehrere andere Unterkünfte für Studenten. Es lohnt sich auf jeden Fall mal einen Blick darauf zu werfen, denn oft sind diese besser ausgestattet und kosten weniger.

Am zweiten Tag waren die meisten damit beschäftigt Küchenutensilien, Klopapier und alles was man sonst zum Leben braucht zu kaufen. Dabei merkt man dann direkt, dass die Innenstadt und die Mall, in der man alles bekommt was man braucht, zu Fuß doch ein ordentliches Stückchen entfernt sind. Es lohnt sich also wirklich sich ein Fahrrad anzuschaffen! Es ist möglich eins von der Universität zu leihen (“Matie Bike”) für 1000 Rand. 400 ZAR sind die Leihgebühr, der Rest ist Pfand. Inzwischen stehen die blauen Hollandräder in der ganzen Stadt verteilt.

Nach einer kurzen Akklimatiesierungsphase in Stellenbosch beginnt dann auch direkt die Orientation Week. Hier bekommt man innerhalb von zwei bis drei Tagen alles erklärt was zum Überleben wichtig ist. Das schließt das Vorgehen an der Uni, die Benotung, Sicherheitsvorkehrungen und die Finanzen ein. Zwischendurch gibt es Snacks. Alles in Allem war die Einführung durchaus gelungen.

Spätestens jetzt hat man aber auch gemerkt, dass mindestens die Hälfte aller interntionalen Studenten deutsch ist. Man hört Deutsch wirklich an jeder Ecke und muss sich richtig Mühe geben jemanden zu finden, mit dem man Englisch sprechen kann. Das kommt dann aber mit der Zeit. Anfangs sind sowieso die Meisten darauf aus, neue Leute aus anderen Kulturen kennenzulernen.

Ein besonderer Willkommensgruß: Die Uni hat in der erste Woche direkt einen Ausflug nach Kapstadt und einen BRAAI-Abend organisiert. Der Ausflug nach Kapstadt sollte eigentlich an den Strand gehen, wegen des schlechten Wetters wurde das Ganze aber an die Waterfront verlegt. Kapstadt hat mir auf Anhieb gefallen und es war ein wirklich schöner Tag. BRAAI ist das südafrikanische Wort für Grillen / BBQ. Wir wurden mit Bussen in ein Drum-Café gefahren, haben leckeres Essen bekommen und einen Crashkurs im Trommeln.

In der zweiten Woche hat dann auch direkt die Uni begonnen. Der Stundenplan ist ok und auch die Fächer passen so einigermaßen. Zwar hat nicht alles direkt mit unserem Studium in Deutschland zu tun, schaden tut es aber auch nicht. Wir (nur Medienmanager) belegen hier die Fächer: Marketing, Entrepreneuship and Small Firms, Economics for South African Students und Economic and Developmental Problems in South Africa. Allgemein ist der Unterricht hier schon anders als in Deutschland. Es findet hauptsächlich Frontalunterricht statt, es besteht Anwesenheitspflicht und die mündliche Mitarbeit stellt einen kleinen Teil der Note. Man gewöhnt sich aber schnell daran. Zweiter Punkt: Hier werden über das ganze Semester verteilt immer wieder Tests geschrieben und man muss Assignments abgeben.  Der Workload ist also nicht grade gering.

Trotzdem hat man natürlich genug Zeit das Leben zu genießen. Man kann sehr gut Essen gehen in Stellenbosch, was auch an den vergleichsweise niedrigen Preisen liegt. Normalerweise zahlt man für ein Hauptgericht nicht mehr als 6 EUR.  Auch die Getränke sind im Vergleich zu Deutschland sehr günstig, vor allem der Alkohol. Geht man in den Supermarkt einkaufen sieht das Ganze aber anders aus: Es herrschen durchaus europäische Preise, vor allem bei Milchprodukten.

Stellenbosch hat mehrere Bars und Clubs, in denen vor Allem mittwochs und samstags viel los ist. Mittwoch wird hier aus “Little Saturday” genannt 😉 Wenn man mehr Auswahl haben möchte kann man am Wochenende auch einfach mit dem Zug (1 EUR) nach Kapstadt fahren, in einem Backpackers übernachten (10 EUR) und dort feiern gehen. Ein Wochenende in Kapstadt lohnt sich auf jeden Fall!

Viele Studenten mieten sich hier auch ein Auto, was durchaus bezahlbar ist. Man kann auch direkt eins kaufen, mindestens die Hälfte des Preises bekommt man zurück, wenn man das Auto am Ende wieder verkauft. Öffentliche Verkehrsmittel sind in Stellenbosch nicht wirklich vorhanden, wenn man von dem Zug nach Kapstadt mal absieht.

Zur Sicherheit: Ja, man merkt schon deutlich, dass man in Südafrika ist. Neben den Bankautomaten stehen Securityleute und bewachen alles, so wie an jeder zweiten Straßenecke. Dadurch fühlt man sich allerdings schon ziemlich sicher. Tagsüber ist es, auch als Frau, gar kein Problem alleine überall hinzugehen in der Stadt. Nachts sollte man niemals alleine gehen, sondern nur in einer Gruppe. Diebstahl ist hier leider “normal”… Wenn man ausgeht nimmt man am besten nicht die ganze Geldbörse mit sonder nur das, was man wirklich braucht. Geklaut wurde hier schon so einiges, zu Schaden gekommen ist dabei aber niemand! Auch mit dem Zug kann man problemlos fahren, am Besten in der dritten Klasse. Auch wenn man Gegenteiliges erzählt bekommt, die dritte Klasse ist am sichersten, einfach weil sich dort immer viele Menschen aufhalten. Eine zweite Klasse gibt es nicht, die erste ist (fast) immer leer.

Südafrika ist wirklich ein wunderschönes Land, allein schon von der Landschaft her. Die Aussicht vom Tafelberg ist atmenberaubend. Die Menschen hier sind nett und zuvorkommend, auch wenn immer noch eine Art “Rassentrennung” besteht. Klar, die Apartheid ist lange vorbei, in den Köpfen vieler Menschen sieht das aber wohl noch anders aus. Es besteht keine Trennung an sich, aber meist bleiben die Weißen unter Weißen und die Schwarzen unter Schwarzen. Es ist offensichtlich, dass enorme soziale Unterschiede bestehen. Das merkt man erst richtig, wenn man in eines der Townships geht.

Dort leben die Menschen in Hütten aus Wellblech, Autodächern und Pappe. Ich persönlich habe vorher noch nie solche Armut mit eigenen Augen gesehen, ein durchaus schockierender Anblick. Es ist möglich ein richtiges Haus aus Stein beim Staat zu beantragen, die Warteliste ist aber sehr lang. Ich habe mir die Vorteile einer solchen Hütte erklären lassen: Es ist ganz einfach mit dem ganzen Haus umzuziehen, einfach abbauen und  an einer anderen Stelle wieder aufbauen. Klingt logisch. Townships sind die Aders des Lebens in Südafrika. Man bekommt den Eindruck, dass die Menschen hier lebendiger sind als in der Stadt, trotz der teilweise bitteren Armut. Wie auch immer, vor Einbruch der Dunkelheit sollte man sich dann doch von dort wegbewegen.

Alles in allem habe ich es noch kein einziges Mal bereut nach Südafrika gegangen zu sein. Vieles ist ganz anders, andere Sachen sind genau wie in Europa auch. Fasziniert haben mich jedenfalls die Menschen hier. Ein Südafrikaner hat von den Orten erzählt, die er auf der Welt irgendwann mal besuchen will. Es ist sein Traum inmitten eines riesigen Amphi-Theaters in Griechenland zu stehen oder auf dem Gipfel eines Berges und richtigen Schnee in der Hand zu halten. Bis dahin träume ich von wild lebenden Löwen, die ich hoffentlich noch auf einer Safari zu sehen bekomme.

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